Dass Hunde in der Medizin zum Aufspüren von Tumore, zum Warnen vor epileptischen Anfällen oder drohender Unterzuckerung und als Begleiter für Rollstuhlfahrer eingesetzt werden, wissen die meisten Menschen. Aber wieviel von uns wissen, wie sehr unsere Fellnasen auf unsere Stimmungen reagieren…?
Die Ungläubigkeit
Wie, unsere Hunde merken, wie es uns Menschen geht?? Wie soll das denn möglich sein, es ist ja nur ein Tier. Und überhaupt, haben Tiere denn wirklich Gefühle??
Solche Fragen kann nur jemand stellen, der sich noch niemals ernsthaft mit der Spezies Hund und seinem Wesen auseinandergesetzt hat. Jemand, für den der Hund eben „nur“ ein Hund ist.
Die Beobachtungen
Ich habe in meiner langjährigen Tätigkeit als Hundetrainerin und Tierpsychologin sehr oft meine Kunden „erwischt“, wenn es ihnen nicht gut ging. Zum einen habe ich selbst eine gut geschulte Beobachtungsgabe, zum anderen haben mir die Hunde jedesmal verraten, wenn etwas nicht ganz rund lief zwischen ihnen und ihren Menschen. Und sei es nur dadurch gewesen, dass eine Übung, die sonst problemlos war, an dem Tag einfach nicht klappen wollte….
Das ist ganz besonders gut beim Mantrailen zu beobachten: Wenn der Mensch mit seinen Gedanken nicht bei der Arbeit mit seinem Hund ist, arbeitet der den Trail nicht sauber aus. Es kommt zu „Fehlern“, die bei manchem Team schon längst der Vergangenheit angehören. Und je enger die Bindung zwischen den beiden ist, umso deutlicher zeigen sie sich…..
So wie z.B. bei Josy, einer Appenzeller- Bordercollie- Dame. Sie und Moni trailen seit einem Jahr bei uns. Zwischen den beiden besteht eine enge Bindung.
Normalerweise löst Josy ihre Aufgaben auf dem Trail mit einer enormen Sicherheit. Aber wenn ihre Halterin Sorgen hat und unkonzentriert ist, arbeitet Josy nicht mit ihrer sonstigen Präzision. Obwohl Moni wie gewohnt mit ihr unterwegs ist und keine äußerlichen „Fehler“ an der Leine zu erkennen sind…..sie weiß um die emotionale Stimmungsübertragung von sich auf ihre Hündin und nimmt so einen nicht gut gearbeiteten Trail auf ihre Kappe…
Gedankenübertragung
Woher kommt es, dass unsere Hunde unser Inneres so gut kennen?
Nun, sie beobachten uns sehr viel besser als wir ahnen und sehr viel genauer als wir es je könnten. Sie beobachten unsere Körpersprache, unsere Gesten und unsere Mimik und sind schnell in der Lage, alles zuzuordnen. Nicht zu vergessen, dass sich unser Geruch z.B. in Stresssituationen verändert, was unseren Fellnasen logischerweise ja auch nicht verborgen bleibt. Das ganz klassische Beispiel aus meiner langjährigen Trainererfahrung war und ist immer noch die Hundebegegnung: Bei vielen Hundehaltern führt eine einzige unentspannte Begegnung mit Nachbars „Waldi“ – viel Gebell, an der Leine herumteufelnde Hunde – dazu, dass beim nächsten Zusammentreffen z.B. schon von vornherein die Leine immer kürzer gehalten wird. Folge: viel Gebell, an der Leine herumteufelnde Hunde. Das geht soweit, dass der bloße Gedanke: „ Ach Gott ach Gott, schon wieder der….“ – auch wenn „Waldi“ noch weit weg ist – dafür sorgt, dass der eigene Hund von einem Moment zum anderen in „Hab-acht“-Stellung kommt. Folge: viel Gebell,….. Mal ganz abgesehen davon trägt das nicht immer unbedingt zu einer guten Verständigung der betroffenen Hundehalter bei.
Hält man sich jetzt vor Augen, was der Hund bei der ersten Begegnung mit „Waldi“ an Gemütsbewegungen von seinem Menschen in Sekundenschnelle registriert, braucht man sich nicht zu wundern. Oder sollte es gerade…..
Hunde reagieren auf Gedanken
Das oben beschriebene Szenario ist die allereinfachste Form der Stimmungsübertragung. Aber es geht auch noch sehr viel differenzierter. Ich erlebte immer wieder, wie mein leider verstorbener Rüde Yucon auf meine Gedanken reagierte. Ein Beispiel: in einer Unterrichtsstunde hatte ich eine Gruppe von sechs freilaufenden Hunden, vier Mädels und meinen beiden Rüden Yucon und Demsty. Zwei „Damen“ bekamen sich in die Wolle, zu Anfang nichts dramatisches. Aber bevor die Situation außer Kontrolle geraten würde, beschloss ich einzugreifen. In dem Moment, in dem ich aktiv werden wollte, sauste Yucon an mir vorbei und trennte die Streithennen sauber und ohne großes Aufhebens. Dieses Verhalten zeigte er auch immer, wenn bei einem Spaziergang ein anderer Hund mit seinem Demsty zu grob umsprang. Er startete aber grundsätzlich erst, wenn die Situation für mich nicht mehr in Ordnung war und ich beschloß einzugreifen. Und er reagierte niemals unangemessen….
Auch mein Mädchen Arwen spiegelt mich und meine Stimmung: wenn es mir nicht wirklich gut geht, kommt es bei ihr zu Angstreaktionen vor Sachen, die wir schon ad acta gelegt hatten.
Die Beispiele scheinen oberflächlich zu sein, zeigen aber sehr deutlich, wie genau unsere Hunde uns beobachten und an unseren Reaktionen ablesen und -leiten können, was wir als nächsten vorhaben, was als nächsten passieren wird.
Die Liste der Situationen, in denen unsere Fellnasen unsere emotionalen Befindlichkeiten aufnehmen und uns als Spiegel – in welcher Form auch immer – vorhalten, ist lang und vielfältig.
Nicht alle sind überzeugt
Leider wehren sich heute immer noch viele Hundehalter/innen und -trainer /innen gegen die inzwischen wissenschaftlich belegten Erkenntnisse, dass unsere Fellnasen sehr wohl in der Lage sind, unsere Emotionen und Stimmungen zu erspüren und uns zu zeigen: „Hallo Mensch, dir geht es heute nicht gut.“ Warum wird den Hunden die Fähigkeit abgesprochen, ihren Menschen genau beobachten, die aktuelle Lage einschätzen und entsprechend handeln zu können??
Wer sind wir denn, dass wir uns einbilden, als einziges Lebewesen mit solchen Fertigkeiten ausgestattet zu sein? Ich glaube, viele Menschen haben ein großes Problem damit, Hunde bzw. Tieren allgemein Emotionen und Gefühle zuzugestehen. Denn es stellt sie damit auf eine Ebene mit uns, der „Krone der Schöpfung“ – und das geht ja in den Augen vieler „Experten“ gar nicht. Schließlich sind das ja „nur Tiere“. Welch eine Ignoranz!! Aber es ist ja auch sehr viel einfacher, am Hund herumzuerziehen als sich selbst zu hinterfragen, was nicht stimmt, wenn der Vierbeiner eine Verhaltensauffälligkeit zeigt. Gründe für Verhaltensänderungen gibt es viele: Umzug, Streit, Krankheit oder Zuwachs/Verlust in der Familie, von der Arbeit mitgebrachter Stress, Urlaubsende, eine neue Partnerschaft….. . Vielleicht mögen Sie sich mal ein paar Tage lang beobachten und vergleichen: Wie ist meine Befindlichkeit und was zeigt mein Hund? Ich bin mir sicher, Ihnen fällt ganz viel auf…..
Nicht nur Verhaltensänderungen
Manchmal entwickeln Hunde durch die oft von den Menschen unbemerkten negativen Schwingungen auch Krankheiten. Sie leben in einer intakten Familie, werden geliebt, haben ein wirklich schönes Hundeleben und doch ständig Durchfall. Sie werden vom Tierarzt durch sämtliche Diagnoseverfahren geschleust, ohne brauchbares Ergebnis. Vielleicht ist aber eine lange Durststrecke voller Sorgen gepaart mit immer wieder trauriger Stimmung in der Familie die Ursache für den immer wiederkehrenden Durchfall. Aber danach fragt ja keiner….
Ich habe das selbst mit „Yucon“ erlebt: er hat eine zeitlang immer wieder sein Frühstück erbrochen, ohne, dass wir eine krankhafte Ursache dafür fanden.
Mir selbst ging es in der Zeit nicht besonders gut. In dem Moment, in dem es mir besser ging, war die Zeit des „zweimal frühstückens“ bei Yucon vorbei. Heute weiß ich, dass er mir zeigen wollte, wie sehr für uns die Zeit zum k….. war…..
Ich habe meine Lehre daraus gezogen…..
Nach neuen Beobachtungen kommt es bei Hunden (Katzen/Pferden) auch zu Krankheitssymptomen, die die Charaktereigenschaften ihrer Menschen widerspiegeln. Im Buch „Wenn Tiere ihre Menschen spiegeln – Wie Haustiere unsere Probleme übernehmen“ (Gisa Genneper/Dr. Rolf Kamphausen) beschreiben die Autoren anhand vieler Beispiele, wie Lebenseinstellung,
– umstände und körperliche Beschwerden der Menschen sich auf ihre Tiere auswirken. Ich erlebe es bei einzelnen meiner Kunden selbst immer wieder, dass ihre Fellnasen z.B. schlechter laufen, wenn sie es selbst im Kreuz haben oder ihnen die Hüfte schmerzt. Oder auch umgekehrt: der Hund hinkt und sein Mensch klagt einen Tag später über Schmerzen im Knie…..
Fazit
Unsere tierischen Mitbewohner verfügen über die wunderbare „Gabe“, uns unsere Stimmungen zu zeigen und sie aufzunehmen. Sie sind wunderbare Therapeuten – wenn wir denn bereit sind, uns auf sie ein- und sie vor allem zu unserem Inneren zuzulassen. Es stünde uns als „Krone der Schöpfung“ ganz gut zu Gesicht, von unserem hohen Sockel herunter zu steigen und uns wieder mehr unseren Tieren und der Natur zu zu wenden.