Unter dem Begriff „Persönlichkeit“ verstehen wir die einzigartigen Eigenschaften eines Individuums, durch die es sich von anderen unterscheidet. Während jeder Mensch als eigenständige Persönlichkeit respektiert werden möchte, wird dem Hund allzu oft das Recht darauf abgesprochen.

Egal, welchen Charakter und welches Temperament er aufweist oder für welches Aufgabengebiet er gezüchtet wird oder früher wurde (Hüte-, Jagdbegleit- oder Herdenschutzhund): Es wird erwartet, dass er perfekt auf Knopfdruck „gehorcht“. Während wir Menschen uns das Recht herausnehmen, gute und schlechte Tage zu haben, unsere Stimmungsschwankungen und persönliche Befindlichkeiten ausleben und erwarten, dass unsere Mitmenschen darauf rücksichtsvoll reagieren oder es einfach hinnehmen, wird unseren Hunden dieses Recht allzu oft verweigert.

Beobachten Sie sich einmal selbst, ganz objektiv: Können Sie akzeptieren, dass Ihr Hund nicht jeden Tag das selbe Verhalten zeigt, Ihnen nicht jeden Tag gleich gut „gehorcht“, nicht jeden Tag die gleich gute Laune hat? Werden Sie in solche Fällen schnell ungeduldig oder im Nachhinein betrachtet vielleicht sogar ungerecht? Sind Sie in einer Hundeschule oder auf einem Hundeplatz? Wie sieht da der Unterricht aus? Wird in jeder Stunde erwartet, dass Ihr Hund und Sie immer die gleiche Leistung erbringen? Werden alle Hunde nach dem gleichen Schema ausgebildet, also über einen Kamm geschoren? Egal, ob Yorkie, Dobermann, Irish Wolf oder Bernhardiner?? Geht der Trainer sowohl auf Ihre Persönlichkeit und Ihr Befinden als auch auf das Ihres Hundes ein? Wenn nicht, dann wechseln Sie schnellstens die Ausbildungsstätte!!

Jeder Hund hat eigene Persönlichkeitseigenschaften und -merkmale. Wir Menschen sollten nie den Fehler begehen, einen Hund mit einem anderen zu vergleichen. Auch nicht, wenn es sich um dieselbe Rasse oder um Wurfgeschwister handelt. Ich hatte öfter Wurfgeschwister in meinen Welpenkursen und fand es immer spannend zu beobachten, wie jeder einzelne sich entwickelte. Jeder ist einzigartig und das ist auch gut so.

Verständnis bedeutet verstehen, sich in andere hineinzuversetzen, mitzufühlen und auf Belange anderer eingehen zu können. Verständnis für Hunde beinhaltet für mich: Respektieren ihrer Persönlichkeit, Verstehen ihrer natürlichen Lebensweisen, Kenntnisse ihrer Kommunikationssignale, ihres Rudelverhaltens, ihrer Bedürfnisse und rassespezifische Charaktereigenschaften.

Verständnis bedeutet aber auch, seinen Hund bei auftauchenden Verhaltensauffälligkeiten nicht zum „Problemhund“ (welche es sowieso nicht gibt) abzustempeln oder abstempeln zu lassen, sondern den Fehler zuerst einmal bei sich selbst zu suchen.

Für mich als Hundetrainerin gehört immer auch das Verständnis für die Lebenssituation, Befindlichkeit, Wünsche und auch Sorgen des Menschen am anderen Leinenende dazu. Schließlich steht ein Hund-Mensch-Team vor mir, welches meine Hilfe braucht und es würde nicht funktionieren, wenn ichversuchen würde, nur einem Teil dieses Teams zu helfen, während der anderen Teil außen vor bleibt. Die Arbeit mit Hunden schließt immer den Menschen als Partner mit ein. Alles andere ist in diesem Fall dem Menschen gegenüber respektlos.

© by Petra Thoma